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Der Mannschaftsspielbetrieb ist das Rückgrat des Tennissports

Klaus Berner (WTB) und Bernd Greiner (BTV) informieren über einen gemeinsamen Spielbetrieb in Baden-Württemberg

12.03.2024  Allgemein
© BTV

Die Grenze zwischen Baden und Württemberg – ein jahrzehntelang und heiß diskutiertes Thema, nicht nur im Sportbereich. Nun soll aus Baden und Württemberg ein „sportliches“ Baden-Württemberg werden. Wir werfen mit den beiden Sportwarten der Verbände, Klaus Berner und Bernd Greiner, einen Blick auf die spannende Welt eines gemeinsamen Spielbetriebs und entdecken, dass die beiden Verbände enger miteinander  verwoben sind als gedacht.
 
Klaus Berner, Bernd Greiner, eine ganz ungewohnte Runde hat sich hier zusammengefunden, um über den baden-württembergischen Mannschaftssport zu sprechen. Wir stehen kurz vor Rundenbeginn, die Mannschaften sind gemeldet, die namentliche Mannschaftsmeldung läuft. Was gibt es auf Seiten der Verbände Neues?

Klaus Berner: „Stimmt, die Vorbereitungen für die kommende Sommersaison sind in beiden Verbänden so gut wie abgeschlossen. In Württemberg werden wir Ende April noch eine Delegiertenversammlung mit diversen Anträgen zur Änderung der Wettspielordnung haben, die ab 1. Oktober 2024 gelten sollen. Darüber hinaus denken wir aber schon viel weiter: Wir befassen uns mit der Planung für einen gemeinsamen Spielbetrieb beider Landesverbände!“
 
Ein gemeinsamer Spielbetrieb in Baden-Württemberg. Welche Idee versteckt sich dahinter?

Bernd Greiner: „Hier muss ich etwas weiter ausholen, da verschiedene Punkte in dieser Thematik zusammenspielen. Schon seit meiner Zeit als Verantwortlicher für den Wettkampfsport beim DTB war ich daran interessiert, endlich in ganz Tennis-Deutschland möglichst einheitliche Regelungen für den Mannschaftsspielbetrieb zu erreichen. Leider ist das ein extrem zähes Projekt. Auf Ebene des Bundeslandes ist unser Landessportverband sehr daran interessiert, dass die Fachverbände möglichst gut zusammenarbeiten. Daher haben wir ja im Bereich des Leistungssports bereits vor längerer Zeit die Interessengemeinschaft Tennis als Bindeglied unserer beiden Verbände gegründet. Und schließlich haben sich unsere Präsidien bereits mehrfach getroffen, um auszuloten, in welchen Bereichen wir Synergien erzeugen können, wenn wir intensiver zusammenarbeiten – alles mit dem Ziel, bessere Dienstleistungen für unsere Vereine zu ermöglichen. Im Ressort Ausbildung gibt es beispielsweise mittlerweile gemeinsame Trainerlehrgänge. Und in unserem Verantwortungsbereich haben Klaus und ich sehr schnell festgestellt, dass wir völlig identische Vorstellungen über einen möglichen zukünftigen Mannschaftsspielbetrieb in Baden-Württemberg haben.“
 
Nach dem Leistungssport und der Ausbildung nun der Mannschaftssport. Warum profitiert gerade der Mannschaftsspielbetriebs von gemeinsamen Synergieeffekten?

Klaus Berner: „Der Mannschaftsspielbetrieb ist nach wie vor das Rückgrat des Tennissports in Deutschland. Das ist auch in unseren beiden Verbänden so, wir haben in Württemberg rund 1.000 Vereine mit über 6.000 Mannschaften in sechs Bezirken, in Baden rund 700 Vereine mit über 5.000 Mannschaften in vier Bezirken. Diese Spielbetriebe wollen wir nun zusammenfassen und auf acht neue Regionen gleichmäßig verteilen.“
 
Hat eine engere Kooperation im Wettkampfsport auch Konsequenzen für die Struktur der beiden Verbände? Was passiert dabei mit den bisherigen Bezirken?

Bernd Greiner: „Gar nichts! Wir konzentrieren uns hier nur auf den Spielbetrieb mit neuen Zuordnungen. Die derzeitigen ‚politischen‘ Strukturen bleiben ganz bewusst bestehen. Das heißt, jeder einzelne Verein bleibt in dem Verband und in dem Bezirk, dem er zurzeit angehört, hat dort weiter seinen Bezirksvorstand als Ansprechperson und die Versammlungen der Bezirke als Heimat. Lediglich die Zuordnung zu einer bestimmten Region für den Spielbetrieb wird sich für die Vereine ändern.“
 
Was ändert ein gemeinsamer Spielbetrieb für die Vereine? Welchen Vorteil haben sie davon?

Bernd Greiner: „Der entscheidende Punkt für unseren Entschluss ist die Optimierung der Entfernungen und der Fahrzeiten, die Mannschaften im Spielbetrieb zurücklegen müssen. Die gemeinsame Grenze unserer beiden Landesverbände ist ja extrem ‚verwinkelt‘. Dies hat in der Vergangenheit immer wieder dazu geführt, dass Vereine vom einen in den anderen Verband wechseln wollten, weil das für sie für angenehmere Fahrstrecken gesorgt hat. Für einen gemeinsamen Spielbetrieb haben wir unsere Verbandsgebiete mit wissenschaftlicher Unterstützung analysieren lassen und unter der Vorgabe möglichst kurzer Fahrzeiten acht neue Regionen gebildet. Selbstverständlich darf man nicht außer Acht lassen, dass sich das nicht für jeden einzelnen Verein positiv bemerkbar machen kann. Vereine am äußersten Rand der Verbände, z.B. Weil am Rhein in Baden, werden immer größere Strecken zu fahren haben als Vereine inmitten einer Region oder eines Bezirks. Ebenso wird es bei jeder denkbaren Grenzziehung ein paar Vereine geben, für die sich eine Verschlechterung gegenüber der jetzigen Situation ergibt. In der breiten Masse – und wir reden ja von über 1.700 Vereinen – werden wir deutliche Verbesserungen sehen, insbesondere in den bisherigen Grenzbereichen.“
 
Die Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen. Was sind die Schattenseiten? Bisher haben ja beide Verbände eine Spitzenliga mit Mannschaften – soll die mögliche Kooperation über alle Ligen hinweg greifen? Wird es eine neue, gemeinsame Topliga geben?

Klaus Berner: „Schattenseiten sehen wir eigentlich keine. Wie Bernd bereits erwähnt hat, kann es natürlich für wenige Vereine gegebenenfalls zu einer ungünstigeren Situation kommen. Eventuell kommen auch zwei bisherige Nachbarvereine in verschiedene neue Regionen und vermissen dann jahrzehntealte Traditionsduelle. Solche Diskussionen führen beispielsweise auch die Handballer, die sich mit dem gleichen Themenkomplex befassen wie wir. Was die Ligenstruktur anbelangt, wird es gerade in der Spitze kaum Veränderungen geben! Überverbandlich spielen unsere Verbände im Seniorenbereich ja bereits gemeinsam in der Südwestliga Süd, die bisherige Württembergliga und Badenliga darunter könnten zukünftig gemeinsam in zwei Gruppen einer Baden-Württembergliga spielen. Bei den Aktiven ist die Situation analog: Bisher spielen der Sieger der Württembergliga und der Sieger der Badenliga gegen andere Mannschaften aus dem Gebiet der Regionalliga Südwest einen Aufsteiger aus. Zukünftig sind das zwei Gruppen einer Baden-Württembergliga, deren Erste den Baden-Württembergischen Meister und Aufsteiger gegeneinander ausspielen.“
 
Für 2024 ist die Mannschaftsrunde organisatorisch quasi eingetütet. Ab wann gäbe es erste Auswirkungen für die Clubs zu spüren?

Klaus Berner: „In diesem Jahr wollen wir die wesentlichen ordnungstechnischen Grundlagen schaffen. Das heißt, die entscheidenden Gremien der beiden Verbände – die Delegiertenversammlung des WTB Ende April und die Mitgliederversammlung des BTV Anfang Oktober – müssen unserem Vorhaben die grundsätzliche Zustimmung erteilen. Ebenso sollen dort einige wesentliche bzw. notwendige Änderungen an den Ordnungen der Verbände beschlossen werden.
Der nächste Schritt wäre dann die Ausschreibung für die Mannschaftsmeldung 2025, die nächsten Herbst erfolgen sollte. Mit dieser würden alle Vereine informiert, in welcher Region sie zukünftig spielen werden und wie sich der Übergang nach der Saison 2025 gestalten könnte. 2025 würden die Mannschaften letztmalig in der alten Struktur spielen.
Parallel hierzu finalisieren wir die gemeinsame neue Wettspielordnung in den letzten kleinen Details und klären abschließend die internen organisatorischen Rahmenbedingungen und legen diese fest. Mit der Mannschaftsmeldung für die Sommersaison 2026 könnte dann der gemeinsame Spielbetrieb offiziell beginnen und ab Sommer 2026 umgesetzt werden.“
 
Eine solche Reform ist nur mit einem Go der Vereine umzusetzen. Wo genau liegen denn Problempunkte, was ist für Sie als Verantwortliche relativ einfach zu lösen und welche Teilaufgaben sind eher schwierig?

Bernd Greiner: „Es liegen diverse Teilaufgaben vor. Zum einen die bereits erwähnten Wettspielordnungen, die vereinheitlicht werden müssen. Hierzu gehört auch das gesamte Ligensystem, das heißt die Anzahl der Ligen, die Anzahl der Gruppen pro Liga, bis zu welcher Spielklasse wird regional eingeteilt, ab welcher rein sportlich durchmischt. Innerhalb der Ordnungen selbst gibt es viele kleinere Unterschiede, die sich aber sehr schnell angleichen lassen. Über ein paar wenige Punkte mit größeren Unterschieden werden wir noch etwas diskutieren müssen.
Zum anderen haben wir in der Organisation des Spielbetriebs in Baden und Württemberg bisher etwas andere Handhabungen. Beim WTB gibt es in der Regel einen hauptverantwortlich Tätigen pro Bezirk, der den Spielbetrieb allein überwacht. In Baden haben die Bezirksverantwortlichen zusätzlich viele Spielleiterinnen und Spielleiter für diese Aufgabe. Auch die Aufgabenverteilungen auf Haupt- und Ehrenamtliche ist etwas unterschiedlich.
Vor allem ist aber noch gemeinsam festzulegen, wer in Zukunft über die Wettspielordnung beziehungsweise Änderungen an ihr entscheidet. Es macht ja wenig Sinn, wenn die Delegiertenversammlung des WTB und die Mitgliederversammlung des BTV an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten Inhalte diskutieren und eventuell unterschiedlich bewerten und beschliessen. Sinnvollerweise sollten wir für diese Aufgabe ein wie auch immer geartetes gemeinsames Gremium bilden, welches so besetzt ist, dass die Interessen aller Vereine gewahrt sind und vernünftige Beschlüsse gefasst werden können.“

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